Stadt Neumarkt i.d. OPf. Herrn Oberbürgermeister Alois Karl Rathausplatz 1 92318 Neumarkt
Antrag Nr. 57 24.5.2005
der Stadträte der Freien Liste Zukunft
zur nächsten Sitzung des Stadtrates der Großen Kreisstadt Neumarkt i.d.OPf.
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Mobilfunk
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
die Stadträte der Freien Liste Zukunft stellen folgenden Antrag:
Der Stadtrat möge beschließen:
Erstellung eines Gutachtens
Als Basis für das weitere Vorgehen in Sachen Mobilfunk wird ein von Netzbetreiberseite unabhängiges Fachbüro mit der Erstellung eines Gutachtens für gesundheits- und umweltverträgliche Standorte von Mobilfunksendern in Neumarkt beauftragt.
Folgende Vorgaben sollten dabei gemacht werden:
Die Leistungsdichte der bestehenden Anlagen ist zu messen und darzustellen.
Die gesamte Leistungsflussdichte zumindest im Bereich der Wohngebiete (Gebiete mit stationären menschlichen Schlafstätten) und weiterer besonders sensibler Bereiche (Kindergärten, Schulen, Pflegeeinrichtungen usw. und im landwirtschaftlichen Bereich stationäre Nutztierhaltungen) soll maximal 10 nW/cm2 im Außenbereich (Outdoor-Wert) und 1 nW/cm2 im Innenbereich (Indoor-Wert) betragen (anzustrebende Zielwerte).Die Standorte sollen sich in ausreichender Entfernung zur Wohnbebauung befinden.
Die Standorte sollen so beschaffen sein, dass sie von den Betreibern nach technischer Möglichkeit unter den Gesichtspunkten der Strahlungsminimierung und ortsgestalterischen Gründen gemeinsam genutzt werden können. Dabei ist darauf zu achten, dass der Standort keine Beeinträchtigung des Ort- und Landschaftsbildes zur Folge hat.
Es ist zu prüfen, inwiefern überhaupt im innerörtlichen und ortsrandlichen Bereich neue Sendestationen errichtet werden müssen bzw. Altanlagen notwendig sind, oder ob nicht eine Nutzung bereits bestehender Sender (unter Einhaltung o. g. Vorsorgewerte), z.B. durch Nutzung der Roaming-Technik ausreichen. Außerdem ist die Höhe der Altanlagen zu ermitteln, um so evtl. baurechtswidrige Anlagen aufzudecken.
Die Netzqualität soll so beschaffen sein, dass eine Grundversorgung des Stadtgebietes sichergestellt ist. Grundversorgung bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Handyempfang außer Haus und innerhalb vonGebäuden im oberirdischen Bereich ohne wesentliche Komforteinbuße grundsätzlich möglich sein soll.
Nicht zur Grundversorgung gehört, auch in unter der Erdoberfläche gelegenen Räumlichkeiten einen störungsfreien Handy-Empfang sicher zu stellen (Hinweis: Hier besteht die Einbaumöglichkeit kostengünstiger privater oder gewerblicher Repeater).
Optimierung der Bauleitplanung
Auf der Basis des Standortgutachtens optimiert Stadt unter Einschaltung einer
unabhängigen fachkundigen Stelle die städtische Bauleitplanung, um so rechtlich verbindliche Rahmenbedingungen für die Umsetzung des Standortgutachtens zu schaffen.
Ausweisung von Positivstandorten
Auf der Basis des Standortgutachtens weist die Stadt Neumarkt unverzüglich rechtsverbindliche „Positivstandorte“ für Mobilfunksender aus.
Weiteres Vorgehen
Die Stadt Neumarkt ergreift darüber hinaus alle rechtlich vertretbaren Möglichkeiten um vor Vorlage des Standortgutachtens drohende Errichtungen von innerörtlichen und ortsrandlichen neuen Sendestationen zu verhindern. Sie wird im weiteren Verlauf alles unternehmen, um die Ziele der Flächennutzungsplanänderung bzw. des geänderten Flächennutzungsplans durchzusetzen.
Ergeben sich aus dem Gutachten Hinweise auf baurechtswidrige Sendeanlagen, z.B. wegen Überschreitung der 10 m Grenze, wird die Stadt Neumarkt im Hinblick auf die funktionsgerechte Umsetzung des städtischen Standortkonzeptes bisher bestehenden, baurechtswidrige Anlagen nicht nachträglich genehmigen und unter Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten durch Beseitigungsanordnungen den Rückbau dieser Sendeanlagen veranlassen.
Sofortmaßnahme
Die Stadt Neumarkt beschließt als Sofortmaßnahmen zur Sicherung der positiven ortsgestalterischen und gesundheitlichen Vorsorge-Bauleitplanung:
die Geschäftsordnung des Stadtrates wird geändert: jeder Bauantrag im Zusammenhang mit Digitalfunkanwendungen bzw. jede Anzeige von genehmigungsfreien Vorhaben ist im Bauausschuss zu behandeln.
die Änderung der innerörtlichen Bauleitplanung für das gesamte Stadtgebiet zur Umsetzung einer integrierten Mobilfunkplanung mit dem Ziel der Berücksichtigung des vorbeugenden Immissionsschutzes und bereits bestehender Standorte (Beschluss zur Änderung von bestehenden oder zur Aufstellung von neuen Bebauungsplänen).
eine sofort wirksame Veränderungssperre mit dem Inhalt des Verbots der Errichtung von neuen Mobilfunkmasten (auch unter 10 Meter Höhe) mit der Wirkung von 2 Jahren (Sicherungsbeschluss) in reinen und allgemeinen Wohngebieten, sowie in innerörtlichen Gebieten, die de facto dem Status eines allgemeinen Wohngebietes entsprechen.
die Änderung des Flächennutzungsplanes durch die Aufnahme von rechtlich verbindlichen Positivstandorten unter besonderer Berücksichtigung des vorbeugenden Immissionsschutzes (Änderungsbeschluss mit Einleitung des notwendigen Umsetzungsverfahrens) und bereits bestehender Standorte) bis Positivstandorte ausgewiesen sind, sind alle Verfahren mit Hinweis auf die Überplanung zurückzustellen.
Begründung
Die Diskussion um Sendeanlagen im Stadtgebiet hat uns dazu veranlasst, diesen Antrag auf vorsorgeorientierte Mobilfunkplanung zu stellen. Die Verunsicherung unserer Bürger ist groß.
Da trotz alarmierender und mehrfach reproduzierter Forschungsergebnisse von unabhängigen Wissenschaftlern (u. a. Reflexstudie) eine drastische Senkung der Grenzwerte auf sich warten lässt, ist gesundheitliche Vorsorge-Bauleitplanung unumgänglich.
Als Vorsorgewert haben wir den Mittelwert der Salzburger Empfehlungen aus 2000 und 2002 angesetzt, da dieser bereits mit der jetzt verbreiteten Infrastrukturtechnik ohne grundsätzliche Probleme umgesetzt werden kann.
Mit diesem Antrag wollen wir erreichen, dass die Stadt Neumarkt i.d.OPf. ohne weiteren Zeitverlust alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpft, um zum einen die Gesundheit und das Wohl ihrer Bürger bestmöglich zu schützen und zum anderen jedoch auch die Möglichkeit bewahrt, die Technik des Mobilfunks im positiven Rahmen nutzen zu können (wir beabsichtigen keine Verhinderungs-, sondern eine Lenkungsplanung).
Besonders dürfen wir auf den Umstand hinweisen, dass die Stadt Neumarkt i.d. Opf. nur dann auf die Mobilfunknetzplanungen nennenswerten Einfluss im Sinne des vorbeugenden Gesundheitsschutzes ihrer Bürger nehmen kann, wenn sie Satzungsrecht schafft und darüber hinaus die ihr hierdurch eröffneten Verhandlungsspielräume nutzt. Wir halten es für enorm wichtig, dass die Stadt Neumarkt i.d. Opf. unverzüglich alle aufgrund der neuesten Rechtsprechung (z. B. VG München) eröffneten Möglichkeiten zur Berücksichtigung des vorsorgenden Immissionsschutzes im Rahmen der Bauleitplanung, aber auch des Bauordnungsrechtes nutzt. Dies wurde bereits ei der Ausweisung von Gebieten für die Nutzung der Windenergie durchgeführt.
Die Änderung der Geschäftsordnung dient dazu, den Bauausschuss und den Stadtrat über beabsichtigte Vorhaben der Mobilfunkbetreiber zum frühest möglichen Zeitpunkt in Kenntnis zu setzen, unabhängig von einer derzeit noch bestehenden Genehmigungsfreiheit des Vorhabens.
Nach unserem Dafürhalten ist der Bereich Ausbau der Mobilfunknetze derart sensibel, dass es nicht sein darf, diesen Ausbau ohneInkenntnissetzung der kommunalen Gremien im Rahmen der laufenden Verwaltung abzuwickeln.
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